Bunker und der Kalte Krieg

Der Umgang mit den unliebsamen Luftschutzbunkern nach dem Krieg

Nach dem Zweiten Weltkrieg war der Bau von Luftschutzbunkern auf Anordnung der alliierten Militärregierung in Deutschland zunächst vollständig verboten. In dem hierfür erlassenen Kontrollratsgesetz Nr. 23 vom 10. April 1946 wurde nicht nur der Bau militärischer Schutzbauwerke verboten, sondern auch die Planung, der Entwurf oder die „Errichtung von nichtmilitärischen [Schutz-] Bauten jeglicher Art“ unter Strafe gestellt.

Doch nicht nur der Neubau von Schutzbauwerken wurde unterbunden, auch von den noch erhalten gebliebenen Luftschutzbunkern sollte zukünftig keine Möglichkeit einer Gefahr mehr ausgehen. Daher sollten nach den Vorstellungen der alliierten Siegermächte ursprünglich sämtliche Luftschutzanlagen zerstört werden. Den nach dem Krieg wieder eingesetzten deutschen Behörden gelang es jedoch, insbesondere aufgrund der Wohnungsnot in den zerstörten Städten, diese umfassenden Planungen einzuschränken. Am 21.07.1948 ordnete die alliierte Militärregierung für Köln daher nicht die vollumfassende Zerstörung der verbliebenen Luftschutzbauten an, sondern beschränkte sich hierbei nur auf die Bauwerke ohne "nutzenbringende" weitere Verwendung. Für die noch bestehenden Hochbunker bedeutete dies, sofern eine nutzenbringende Verwendung nachgewiesen werden konnte, sollten diese lediglich durch ein Heraussprengen von mindestens 15% der Außenwandflächen entfestigt werden.

Abb. KK.1: 713B-A25 Entfestigungsplan 1949 HB Poll „Entfestigungsplan des Hochbunkers Siegburger Straße in Köln-Poll aus dem Jahre 1949“ (Quelle: HAStK, Best 713B, A25 [1949])

Zwischen den Jahren 1948 und 1950 erstellte die Stadt Köln auf Anordnung der alliierten Militärregierung für die in Köln noch erhalten gebliebenen Hochbunker Entfestigungspläne, die den Umfang und die Ausführung der einzubringenden 15% der Außenwandöffnungen darstellten. Die Entfestigungen wurden bis etwa Mitte des Jahres 1950 für 12 der 23 noch verbliebenen Kölner Hochbunker durchgeführt. Da entsprechend der Anordnung der alliierten Streitkräfte für den Hochbunker in der Bodestraße in Höhenhaus zunächst keine nutzenbringende Nachverwendung durch die Stadt Köln vorgetragen werden konnte, wurde dieses Luftschutzbauwerk vermutlich als eines der ersten in Köln entfestigt und als einziger Hochbunker durch umfangreiche Sprengungen für eine weitere Verwendung völlig unbrauchbar gemacht. Ab etwa Mitte der 1950er Jahre hob die alliierte Militärregierung schließlich die Anordnung zur Entfestigung auf, wodurch die übrigen Kölner Hochbunker in ihrer ursprünglichen Bausubstanz zunächst erhalten blieben.

Die Reaktivierung der Kölner Hochbunker

Der Zweite Weltkrieg hatte in Köln verheerende Spuren der Zerstörung und unermessliches Leid über die Menschen gebracht. Rund 20.000 Luftkriegstote waren zu beklagen, 70 Prozent der Gebäude waren zerstört, in der Altstadt waren es sogar 90 Prozent. Kaum war der Krieg vorbei, zeichneten sich jedoch bereits zukünftige neue Bedrohungslagen ab, die die bisherigen Zerstörungen in den Schatten zu stellen drohten.

Die Teilung Deutschlands im Jahre 1949, erste Stellvertreterkriege wie beispielsweise der Koreakrieg ab 1950 und nicht zuletzt die gegenseitigen atomaren Bedrohungen waren klare Vorboten einer neuen Dimension zukünftiger Kriege.


Abb. KK.2: Entfestigung HB Pützlachstr - Flittarder Bildarchiv „Entfestigung des Hochbunkers Pützlachstraße in Köln-Flittard ca. 1948-1950“ (Quelle: Flittarder Bildarchiv [1948-1950])

 

Die zunehmenden ideologischen Gegensätze und Spannungen zwischen den Machtblöcken und der sich dadurch abzeichnende Ost-West-Konflikt führte auch bei dem zunächst verbotenen Bau von neuen Luftschutzbunkern zu einem Umdenken. Der zivile Schutzraumbau wurde wieder diskutiert. Bereits im Jahre 1951 begannen daher erste organisatorische Vorbereitungsmaßnahmen für die Wiederaufnahme des zivilen Luftschutzes in Westdeutschland. Spätestens mit der Unterzeichnung des Deutschlandvertrages am 26. Mai 1952 wurde das Luftschutzverbot dann auch offiziell aufgehoben.

Neben der Erprobung erster neuartiger in Westdeutschland entwickelter Schutzbauten, die unter anderem in der Wüste Nevadas im Rahmen von Atombombentests den Anforderungen zukünftiger Kriege unterzogen wurden, begannen in den 1950er Jahren die deutschen Behörden mit der Erfassung und Bewertung der noch verbliebenen Luftschutzbunker aus dem Zweiten Weltkrieg. Ziel der Erfassung war es, die für eine spätere Instandsetzung zum Schutz vor Strahlen und bis zu einem gewissen Grad vor Druckwellen einer Kernwaffendetonation, geeigneten Weltkriegsschutzbauten zu identifizieren.



Abb. KK.3 (links): 1957: „Operation Plumbbob“ - Deutsche Bunker werden in der Wüste Nevadas Atombombentests unterzogen (Quelle: Ohne Angabe d. Autors [Ohne Datumsangabe])

Abb. KK.4 (oben): „Ausbaustand der Kölner Hochbunker im Jahre 1973“ (Quelle: HAStK, Best. 713B, A144 [1973])

Auch die Stadt Köln hatte auf Anordnung des Bundes ihre noch bestehenden Luftschutzbauwerke zu überprüfen und für eine zukünftige Wiederherrichtung zu bewerten. Als instandsetzungswürdig galten lediglich die erhalten gebliebenen Hoch- und Tiefbunker mit Außenwänden von mindestens 1,10 m Stärke jedoch aufgrund ihres geringen baulichen Schutzumfangs nicht die zahlreichen Röhrenbunker, Deckungsgräben, Luftschutzkeller und sonstigen Kleinstbunker. Für die Wiederherrichtung gab es zunächst bundesweit unterschiedliche Programme, die sich in ihrer Dringlichkeit und dem Umfang der baulichen Ertüchtigung unterschieden.

Sofortprogramm

In einem ersten Schritt begann die Stadt Köln um die Jahre 1962/63 im sogenannten „Sofortprogramm“ die als instandsetzungswürdig eingestuften Schutzbunker mit einfachsten Mitteln wieder begehbar und nutzbar zu machen. Hierbei wurden lediglich die Türen wieder gangbar gemacht oder ausgetauscht, die Elektrizitäts- und Wasserversorgung repariert und ggf. Leuchtstreifen an den Wänden angebracht oder erneuert, die auch bei einem völligen Stromausfall eine kurzzeitige Orientierung im Bauwerk ermöglichen sollten. Dieses Programm schuf allenfalls einen kurzfristigen Schutz vor Angriffen mit konventionellen Waffen, jedoch nicht vor den neuartigen Bedrohungen durch radioaktive Partikel, biologische oder chemische Waffen. In Köln wurden neben einigen Tiefbunkern folgende Hochbunker im Rahmen des Sofortprogramms ertüchtigt :

- Hochbunker Köln-Raderberg, Marktstraße
- Hochbunker Köln-Mauenheim, Grüner Hof
- Hochbunker Köln-Höhenhaus, Honschaftsstraße
- Hochbunker Köln-Neustadt Süd, Elsaßstraße
- Hochbunker Köln-Mülheim, Berliner Straße
- Hochbunker Köln-Ehrenfeld, Körnerstraße

Instandsetzung

Das umfangreichste Programm der Wiederherrichtung der Weltkriegsschutzbauten war das Programm der „Instandsetzung“. Das ursprüngliche Ziel nach der Wiederaufnahme von Luftschutzmaßnahmen in Westdeutschland war es, sämtliche instandsetzungswürdigen Bunkeranlagen für einen längeren Aufenthalt von mindestens 14 Tagen (anfänglich 30 Tagen) wiederherzurichten. Das Programm der „Instandsetzung“ erforderte eine Ausstattung der Schutzbauten mit aufwendiger Technik, wie beispielsweise einem Notstromaggregat, einem Tiefbrunnen zur autarken Trinkwasserversorgung oder einer aufwändigen Lüftungsanlage erfordert. In Köln wurde jedoch keiner der noch verbliebenen Luftschutzbunker aus dem Krieg im Rahmen des aufwendigen Instandsetzungsprogramms ertüchtigt.

Vorabprogramm
Um insbesondere aufgrund der anfänglich noch fehlenden baulichen Richtlinien und Vorgaben die Ertüchtigung der Schutzbauten aus dem Zweiten Weltkrieg trotzdem zu beschleunigen, wurde vom Bund ein Vorabprogramm entwickelt, in dem zusätzlich zu den provisorischen Maßnahmen des Sofortprogrammes ein gassicherer Verschluss des Bauwerkes gewährleistet und neue druck- und gassichere Schutzraumtüren verbaut werden sollten. Bauwerken dieser Ausbaustufe boten lediglich einen durchgehenden Aufenthalt von wenigen Stunden. Die Stadt Köln plante für die Mehrzahl der verbliebenen Hochbunker diese Ausbaustufe der Ertüchtigung.

Letztendlich wurden jedoch in Köln, bis auf die in den Jahren 1962 – 1963 durchgeführten provisorischen Maßnahmen des „Sofortprogrammes“ zunächst keine weiteren Ertüchtigungsarbeiten an den ehemaligen öffentlichen Luftschutzbauwerken durchgeführt. In einer Einschätzung des „Ausschusses für Angelegenheiten der zivilen Verteidigung“ der Stadt Köln aus dem Jahre 1978 zum Stand des Schutzraumbaus in Köln, kam dieser daher auch zu folgender ernüchternder Beurteilung:

„Z. Zt. Ist keiner der […] Bunker des Sofortprogramms aus dem 2. Weltkrieg benutzungsfähig. Dies gilt sowohl für die städtischen, als auch die Bunker des Bundes. Auch der bauliche Zustand der 1962/63 im Rahmen des Sofortprogramms für einen kurzfristigen Aufenthalt hergerichteten Bunker hat sich erheblich verschlechtert.“

Erst eine weitere Herabsetzung des Schutzumfangs im Jahre 1977 durch eine Änderung der „Baufachlichen Richtlinien für die Nutzbarmachung vorhandener öffentlicher Schutzbunker“, brachte in Köln Bewegung in die Ertüchtigung der alten Weltkriegsbunker. Anhand einer Prioritätenliste beantragte die Stadt 1978 beim Bund die nun vereinfachte Instandsetzung für insgesamt 26 Hoch- und Tiefbunker. Letztendlich kam es bis zum Ende des Kalten Krieges lediglich zu einer Ertüchtigung von drei Hochbunkern in Köln. 1985 wurde der Hochbunker in der Elsassstraße als erstes Schutzbauwerk des Zweiten Weltkriegs für einen kurzfristigen Aufenthalt von 10 Stunden instandgesetzt. Hierfür wurden neben der Instandsetzung der technischen Versorgungseinrichtungen unter anderem sämtliche Öffnungen gasdicht verschlossen, neue Schleusendrucktüren verbaut und neben einem Sandvorfilter für die grobe Reinigung radioaktiver Partikel eine kleinere Lüftungsanlage installiert. 1988 folgte schließlich noch die vereinfachte Instandsetzung der beiden Hochbunker Grüner Hof in Mauenheim und Körnerstraße in Ehrenfeld.

Abb. KK.5: Hochbunker Körnerstraße „Moderne Drucktür für den Ehrenfelder Hochbunker Körnerstraße“ (Foto: Christoph Lubbe, 2020)
Abb. KK.6: Hochbunker Elsassstraße „Strahlenschutzsteine im Hochbunker Elsassstraße“ (Foto: Christoph Lubbe, 2020)
Abb. KK.7: „Sandfilter zur Reinigung der Außenluft von radioaktiven Partikeln im Eherenfelder Hochbunker Körnerstraße“ (Foto: Christoph Lubbe, 2020)
Abb. KK.8: „Moderne Lüftungsanlage im Mauenheimer Hochbunker Grüner Hof“ (Foto: Christoph Lubbe, 2020)

Nach dem Ende des Kalten Krieges wurden keine weiteren Instandsetzungen der Kölner Luftschutzbunker mehr durch den Bund gefördert. 1994 entließ das Bundesinnenministerium per Erlass sämtliche bis dahin nicht instandgesetzten Hochbunker aus der sogenannten „Zivilschutzbindung“. Die Zivilschutzbindung hatte bauliche Änderungen an den Bunkeranlagen, die einen Einfluss auf den Schutzumfang hatten, bis dahin unmöglich gemacht. Damit war der Weg für eine zivile Nachnutzung mit baulicher Veränderung für die nicht ertüchtigten Hochbunker frei. Für die drei instandgesetzten Hochbunker galt die Aufhebung der Zivilschutzbindung zunächst noch nicht, auch wenn diese Schutzbauwerke bereits für kulturelle Veranstaltungen oder Lagerzwecke genutzt wurden. Erst im Rahmen einer Innenministerkonferenz im Jahre 2007 wurde entschieden, das „flächendeckende öffentliche Schutzraumkonzept aufzugeben“ und „mit sofortiger Wirkung die Verausgabung aller Haushaltsmittel einzustellen“. Die Zeit der Schutzräume und Bunker aus dem Kalten Krieges war somit auch in Köln endgültig Geschichte.

 

Text: Christoph Lubbe
Version: 1.1 (Sep. 2020)

Quellen

  • - Lubbe, Christoph: Bunker aus dem Kalten Krieg - Wie Westdeutschland den 3. Weltkrieg überleben wollte, Stuttgart 2013, S. 11
  • - Kontrollratsgesetz Nr. 23: Verbot militärischer Bauten in Deutschland vom 10. April 1946, Historisches Archiv der Stadt Köln, Best 713B, A86
  • - Cohen, Edward; Bottenhofer, A.: Erprobung unterirdischer Personenschutzräume, Recklinghausen 1958, S. 5ff
  • - Michel, Rudolf: Die Instandsetzung vorhandener öffentlicher Schutzraumbauten im "Vorabprogramm"; in: Zivilschutz, Heft 3, 1963
  • - Historisches Archiv der Stadt Köln, Best. 713b, A144
  • - Historisches Archiv der Stadt Köln, Best. 713b, A216
  • - Historisches Archiv der Stadt Köln, Best. 713b, A86
  • - CRIFA, Baubegehungen im Rahmen des Projektes "HOCHbunker.koeln" (Köln, Jul.-Sep. 2020)

 

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Abbildungen
  • - Abb. KK.1: 713B-A25 Entfestigungsplan 1949 HB Poll „Entfestigungsplan des Hochbunkers Siegburger Straße in Köln-Poll aus dem Jahre 1949“ (Quelle: HAStK, Best 713B, A25 [1949])
  • - Abb. KK.2: Entfestigung HB Pützlachstr - Flittarder Bildarchiv „Entfestigung des Hochbunkers Pützlachstraße in Köln-Flittard ca. 1948-1950“ (Quelle: Flittarder Bildarchiv [1948-1950])
  • - Abb. KK.3: 1957: „Operation Plumbbob“ - Deutsche Bunker werden in der Wüste Nevadas Atombombentests unterzogen (Quelle: Ohne Angabe d. Autors [Ohne Datumsangabe])
  • - Abb. KK.4: „Ausbaustand der Kölner Hochbunker im Jahre 1973“ (Quelle: HAStK, Best. 713B, A144 [1973])
  • - Abb. KK.5: Hochbunker Körnerstraße „Moderne Drucktür für den Ehrenfelder Hochbunker Körnerstraße“ (Foto: Christoph Lubbe, 2020, erstellt im Rahmen der Projektbegehung für HOCHbunker.koeln)
  • - Abb. KK.6: Hochbunker Elsassstraße „Strahlenschutzsteine im Hochbunker Elsassstraße“ (Foto: Christoph Lubbe, 2020, erstellt im Rahmen der Projektbegehung für HOCHbunker.koeln)
  • - Abb. KK.7: „Sandfilter zur Reinigung der Außenluft von radioaktiven Partikeln im Eherenfelder Hochbunker Körnerstraße“ (Foto: Christoph Lubbe, 2020, erstellt im Rahmen der Projektbegehung für HOCHbunker.koeln)
  • - Abb. KK.8: „Moderne Lüftungsanlage im Mauenheimer Hochbunker Grüner Hof“ (Foto: Christoph Lubbe, 2020, erstellt im Rahmen der Projektbegehung für HOCHbunker.koeln)
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